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Initiative Selbsthilfe Multiple Sklerose Kranker e. V.

Therapien
Pixabay: qimono/Wild0ne/Rita E./andreas160578; Adobe Stock: Narissawan/Gorodenkoff/Dan Race; Shutterstock: Valentina_G.

Komplementäre Therapien

Komplementäre Therapien werden oft als Ergänzung zur konventionellen medizinischen Behandlung bei Multipler Sklerose (MS) in Betracht gezogen. Da aber bei den Therapien der Immunsuppression und der Immunmodulation das Nebenwirkungsrisiko sehr hoch ist und auch Widersprüchlichkeiten bestehen, fragen immer mehr Betroffene nach Therapiekonzepten, die nebenwirkungsfrei oder zumindest nebenwirkungsarm sind und die einen Therapieerfolg versprechen. 

Alternative oder komplementäre Verfahren zur (begleitenden) Behandlung von Multiple Sklerose sind zumeist wissenschaftlich nicht immer ausreichend untersucht worden, um aus allopathischer Sicht verlässliche Aussagen über deren Wirksamkeit treffen zu können. Trotzdem empfehlen sie sich durch ihre oft praktische Kraft in der individuellen Anwendung – natürlich in enger Abstimmung mit den behandelnden Ärzt*innen und Therapeut*innen – für die Erprobung beim je eigenen Krankheitsverlauf. 

Zudem sollte immer auch der eigene Erfahrungshorizont beachtet werden: Betroffene haben oft jahrelange Erfahrung mit ihrer Erkrankung, spüren genau, wie die MS auf seelische Belastungen, körperliche Anstrengungen, das Wetter, Medikamente, bestimmte krankengymnastische Übungen, Hitze usw. reagiert, und kennen sich deshalb oft besser aus mit ihrer MS als ein noch so guter Arzt oder eine noch so gute Ärztin.

Im Folgenden werden einige Verfahren (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) vorgestellt, die den Verlauf von Multiple Sklerose positiv beeinflussen können.

Physio- und ergotherapeutische Verfahren

Multiple Sklerose tritt mit unterschiedlichen Symptomen auf, die zu einer Verminderung der Lebensqualität führen. Die jeweiligen Funktionsstörungen und ihr Ausmaß sind bei Betroffenen ganz unterschiedlich ausgeprägt. Doch häufig sind Gehbehinderung, Spastik, Schmerzen, Ataxien, psychische und physische Ermüdbarkeit sowie depressive Störungen die Folge. Zur Behandlung dieser Symptome eignen sich – auch in Kombination – physiotherapeutische und ergotherapeutische sowie Naturheilverfahren.

Physiotherapie

Individuell angepasste körperliche Aktivität kann MS-Betroffenen viel nützen: Die Beweglichkeit bleibt länger erhalten; die allgemeine Müdigkeit (Fatigue) bessert sich bei gezielter Bewegung, wie sie in der Physiotherapie erlernt wird; das Training kann Fehlbelastungen und falsche Bewegungen, die durch Schmerzen, Spastiken oder Muskelblockierungen entstehen, beseitigen und Gangstörungen beheben. Bei einer Ataxie fällt es MS-Patient*innen schwer, das Gleichgewicht zu halten. Auch hier kann die Physiotherapie helfen: Zum sicheren Stehen bekommen Betroffene anfangs Hilfestellung; diese Unterstützung wird dann immer weiter verringert, bis der Patient oder die Patientin wieder allein das Gleichgewicht halten kann.

Ergotherapie

Ergotherapeut*innen versuchen, falsche Bewegungen und kräftezehrende Körperhaltungen bei MS-Betroffenen zu beseitigen. Sie üben mit ihnen wieder normale Bewegungen ein, die weniger Energie kosten. Ist das nicht mehr möglich, lernt der Patient oder die Patientin mit seinem/ihrem Handicap umzugehen und trainiert neue „Ersatzbewegungen“. Alle Übungen orientieren sich an den Bedürfnissen im Alltag.

Feldenkrais

Ziel der Feldenkrais-Methode ist es nicht, Probleme zu korrigieren, sondern das Bewusstsein zu schulen, eine klarere Empfindung von sich selbst zu entwickeln. Dadurch kann eine leichtere und freudvollere Art entstehen, sich zu bewegen. Die Feldenkrais-Methode ist keine Therapie, sondern eine Methode organischen Lernens.

Moshe Feldenkrais, Begründer der Methode zu Beginn des 20. Jahrhunderts, entwickelte zwei Formen:

  • Unterricht in der Gruppe: unter Anleitung eines Feldenkrais-Lehrers oder einer -Lehrerin werden sanfte, leichte anstrengungsfreie Bewegungen gemacht, die es ermöglichen, auf spielerische Art neue Handlungsmöglichkeiten zu entdecken. Diese neuen Bewegungsmuster werden im Gehirn und Nervensystem gespeichert und können bei Bedarf „abgerufen“ werden.
  • Einzelstunde (funktionale Integration): Der oder die Feldenkrais-Lehrer*in deutet mithilfe der Hände nonverbal sein/ihr Bewegungsmuster an und zeigt so Alternativen auf.

Cranio-Sacrale-Therapie

Cranio-Sacrale-Therapie ist eine sanfte, nicht invasive Therapie. Die Behandlung des cranio-sacralen Systems (CSS) berücksichtigt die knöchernen und membranösen Strukturen des Schädels (Cranium), der Wirbelsäule und des Kreuzbeins (Sacrum) sowie die Dynamik der cerebrospinalen Flüssigkeit (CSF) und des Zentralnervensystems.

Durch einfache Berührung und Mobilisationsbewegungen der cranio-sacralen Strukturen können Blockierungen im CSS und am ganzen Körper erkannt und gelöst werden. Dadurch wird es den von Blockaden befreiten Gebieten des Körpers möglich, sich der in der CSF innewohnenden Heilkraft und Ordnung neu zu öffnen. Dieser Vorgang ist oftmals ein psycho-emotionaler Prozess, in welchem alte und tief verkörperte Verhaltensmuster und Traumata gelöst werden können, was zu einem tiefen Selbstheilungsprozess führen kann.

Mind-Body-Therapien

Untersuchungen haben gezeigt, dass psychologischer Stress einen direkten Einfluss auf das Immunsystem haben kann und es damit anfällig für Erkrankungen macht. Mind-/Body-Therapien wie Hypnose, Meditation, Bioresonanz, Visualisierung und Qi Gong wurden mit Veränderungen im Gehirn und der Immunfunktion bei Erkrankungen wie MS in Verbindung gebracht. Stressreduzierende Praktiken wie Yoga können sich bei Erkrankungen mit einer Fehlfunktion der Immunabwehr positiv auswirken.

Akupunktur

Akupunktur kann zur Schmerzlinderung und zur Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens bei MS-Patient*innen beitragen. Es gibt Hinweise darauf, dass es die Muskelsteifheit und die Müdigkeit reduzieren kann.

Yoga und Tai Chi

Diese Übungsmethoden können die Flexibilität und den Gleichgewichtssinn verbessern, was von Nutzen sein kann. Sie können auch Stress reduzieren und das allgemeine Wohlbefinden steigern.

Massage

Massage kann Muskelverspannungen und -schmerzen lindern, die bei MS auftreten können. Es kann auch zur Entspannung und zum Stressabbau beitragen.

Meditation und Entspannungstechniken

Diese Methoden können dazu beitragen, Stress abzubauen und das allgemeine Wohlbefinden zu verbessern.

Cannabis

Mehrere Studien haben eine signifikante antispastische Wirksamkeit von Cannabis gezeigt. Seit Juli 2011 ist ein Cannabinoid-Präparat für Patient*innen mit mittelschwerer bis schwerer Spastik zugelassen, denen andere Medikamente nicht oder wenig geholfen haben.

Nahrungsergänzungsmittel

Einige Menschen mit MS nehmen Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren oder andere Nahrungsergänzungsmittel ein, da es Hinweise darauf gibt, dass sie entzündungshemmende Wirkungen haben können.

Ernährungstherapien

Eine gesunde Ernährung kann dazu beitragen, das Immunsystem zu stärken und die Energie zu steigern. Einige MS-Patient*innen suchen nach speziellen Diäten wie der Swank-Diät, der Paleo-Diät, der Evers-Diät oder der komplexen Ernährungs- und Stoffwechsel-Therapie nach Fratzer/Hebener.

Vitamin D

Sonnenlicht und UV-Strahlung korrelieren mit dem Risiko, an MS zu erkranken. Je geringer die Sonneneinstrahlung, desto höher das MS-Risiko. Der Vitamin D-Gehalt im Blut ist ein direktes Ergebnis der Sonnen-/UV- Einstrahlung auf die Haut, der wichtigsten Quelle für dieses Vitamin. Vitamin D unterdrückt überschießende Entzündungsreaktionen durch Verringerung der aktivierenden Botenstoffe. Je höher der Vitamin-D-Spiegel im Blut, desto geringer der Behinderungsgrad nach der Mehrheitsmeinung. Die Vitamin-D-Werte sind abhängig von der Jahreszeit, in Mitteleuropa am niedrigsten zwischen Januar und April.

Homöopathie

Wenn auch umstritten, empfehlen Heilpraktiker*innen und homöopathisch orientierte Ärzt*innen zur Behandlung vieler Nebenwirkungen der MS homöopathische Heilmittel.

Nicht alle komplementären Therapien sind für alle MS-Patient*innen gleich wirksam. Was für eine Person funktioniert, funktioniert möglicherweise nicht für eine andere. Außerdem können einige dieser Therapien teuer sein und werden nicht von Versicherungen abgedeckt.