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Initiative Selbsthilfe Multiple Sklerose Kranker e. V.

Wie Zucker chronische Entzündungen bei MS fördert

Beate Eichmeier, Blickpunkt-Ausgabe 01/2023

Das Müsli zum Frühstück, mittags ein paar Nudeln mit Tomatensauce, nachmittags ein süßes Stückchen vom Bäcker und abends einen Salat mit Fertigdressing, einer Scheibe Brot und Dosenfisch. Und zum Nachtisch noch ein kleines Stück Schokolade. Klingt gar nicht mal so ungesund, oder? Doch der Schein trügt. Was all diese Lebensmittel gemeinsam haben, ist ihr hoher Zuckeranteil. Gerade Fertiglebensmittel, die es im Supermarkt zu kaufen gibt, enthalten oft viel zu viel Zucker. Allein eine 400 g-Dose Tomatensauce kann bis zu 25 g Zucker, das Fertigdressing bis zu 10 Prozent Zucker enthalten. 5 g Zucker oder mehr sind nicht selten in 100 g Brot versteckt. Hering aus der Dose schlägt bei 200 g Inhalt mit 16 g Zucker zu Buche.

Zucker als Trigger für Entzündungsprozesse im Darm

Zucker ist heutzutage in vielen Lebensmitteln versteckt und kommt oft unter ganz anderen Bezeichnungen daher, was es den Konsument*innen nicht einfach macht, den eigenen Zuckerkonsum im Auge zu behalten. Zucker verbirgt sich z. B. hinter den Bezeichnungen Glucose-Fructose-Sirup, Dextrose, Stärkesirup, HFCS, Isoglucose und vielen mehr.

Zucker in welcher Form auch immer und gerade zu viel davon hat negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit und ist besonders auch für MS-Betroffene schädlich. Denn Zucker fördert ein Darmungleichgewicht, eine sogenannte Dysbiose. Davon spricht man, wenn das Verhältnis der guten und schädlichen Darmbakterien sich ins Negative verschiebt und es vermehrt zu Entzündungsprozessen im Darm kommt. Daraus können sich chronische Entzündungsprozesse im Darmmilieu wie z. B. auch ein Leaky Gut, ein löchriger bzw. undichter Darm, entwickeln.

Die Darmschleimhaut dient normalerweise als schützende Barriere zwischen dem Darm und dem Blutkreislauf. Weist diese Barriere nun infolge eines Leaky-Gut-Syndroms Löcher auf bzw. ist beschädigt, können Inhaltsstoffe aus dem Darm, die z. T. noch unverdaut sind, in den Blutkreislauf gelangen. Dort haben sie jedoch nichts zu suchen und sind gefährlich. Denn sobald das geschieht, versetzen sie unser Immunsystem in Alarmbereitschaft, welches sich durch die unbekannten Stoffe angegriffen fühlt und gegen die Eindringlinge wehrt.

Fehlgeleitete Immunabwehr

Der Körper schüttet Entzündungsbotenstoffe aus und bildet u. a. Antikörper gegen die Eindringlinge. Oftmals kommt es vor, dass diese Fremdstoffe den körpereigenen Geweben und Strukturen ähnlich sind. Das Immunsystem kann die körpereigenen Substanzen von den körperfremden Stoffen nicht unterscheiden und greift auch diese an.

So können Autoimmunerkrankungen wie die Multiple Sklerose entstehen, bei der sich der Angriff des Immunsystems auf die körpereigenen Myelinscheiden, die unsere Nervenbahnen schützen und ummanteln, richtet. Ein Leaky-Gut kann also mit ursächlich für eine MS-Erkrankung sein, wie auch in Studien gezeigt wird. Oftmals besteht ein Leaky-Gut schon lange vor der Multiplen Sklerose.

Doch Zucker wird auch auf andere Art und Weise mit Entzündungsreaktionen im Körper in Verbindung gebracht. Ein Team der Uni Würzburg wies in einer kürzlich veröffentlichten Studie nach, dass ein hoher Zuckerkonsum Einfluss auf die Aktivität entzündungsfördernder Gene haben kann. Dadurch können dann Entzündungsprozesse im Körper und Autoimmunerkrankungen hervorgerufen werden.

Wird der Darm also z. B. durch eine Reduktion des Zuckerkonsums weniger Entzündungsreizen ausgesetzt, so gerät das Verhältnis der guten und schädlichen Darmbakterien immer mehr ins Gleichgewicht und auch die MS-bedingte Krankheitsaktivität kann infolgedessen zurückgehen. Ähnlich positiv kann es sich auswirken, wenn die Aktivität der entzündungsfördernden Gene zurückgedrängt wird.

Zucker – ein B-Vitamin-Räuber

Bei der Verstoffwechselung von Zucker geschieht allerdings noch mehr: Zucker liefert dem Körper keinerlei Nähr- oder Vitalstoffe, sondern saugt die körpereigenen Vitalstoff-Depots regelrecht aus. Gerade die B-Vitamine stehen bei Zucker besonders hoch im Kurs. Der Körper benötigt, um Zucker zu verdauen, besonders viele B-Vitamine. Und da diese nicht in zuckerhaltigen Lebensmitteln enthalten sind, muss der Körper diese aus seinen eigenen Vorräten „entleihen“.

Gerade B-Vitamine sind bei MS jedoch von großer Bedeutung, denn sie schützen vor allem die Nervenzellen und das Gehirn, versorgen die Zellen mit Energie, wirken Angstgefühlen, Depressionen und Nervosität entgegen und sind entzündungshemmend.

Nehmen wir also Zucker zu uns, sollten wir darauf achten, dass unsere B-Vitamin-Speicher gut gefüllt sind und auch die geleerten B-Vitamine schnell wieder aufgefüllt werden, damit unser Körper nicht in einen Mangel gerät. Dies geschieht am besten durch Vitamin B-haltige Lebensmittel wie z. B.:

  • Vollkornprodukte
  • Sonnenblumenkerne
  • Pilze
  • Bananen
  • Salat
  • Eier
  • Rosenkohl
  • Keimlinge
  • Mandeln
  • Algen
  • Grünkohl
  • Walnüsse
  • Huhn
  • Lachs
  • Linsen
  • Erdnüsse
  • Sesam
  • Feldsalat
  • Haferflocken
  • Spinat, roh
  • Kartoffeln
  • Amaranth
  • Kürbiskerne
  • Avocado
  • Spargel
  • Makrele
  • Blumenkohl
  • Erbsen

Doch nicht nur die Zufuhr Vitamin B-haltiger Lebensmittel ist immens wichtig, auch die Reduktion unseres täglichen Zuckerkonsums kann sich positiv auf die MS auswirken. Doch das ist oft leichter gesagt als getan, denn Zucker hat Suchtpotenzial und wird oft zur Selbst-Beruhigung oder -Belohnung eingesetzt. Auch Schwankungen des Blutzuckerspiegels mit Unterzuckerphasen oder ein Darmpilzbefall können hinter einem ausgeprägten Verlangen nach Zucker stecken.

Zucker reduzieren – aber wie?

Eine Reduktion des Zuckerkonsums ist durch die vielen Versuchungen, die überall lauern und die Tatsache, dass Zucker so vielen Lebensmitteln zugesetzt ist, nicht einfach umzusetzen. Doch dazu gibt es ein paar Tipps & Tricks, die diese Veränderung erleichtern:

  • Gezuckerte Getränke wie Softdrinks, zuckerhaltige Säfte oder Limonaden durch selbstgemachte Zitronenlimonade oder verdünnte zuckerfreie Säfte ersetzen.
  • Täglich 1,5–2 l stilles Wasser trinken, das reduziert das Verlangen nach Süßem.
  • Mit natürlichen Alternativen wie Rosinen, Bananen oder Datteln süßen.
  • Zuckeralternativen wie z. B. Honig, Erythrit, Xylit oder Stevia verwenden. Auch diese sollten nur in Maßen genossen werden.
  • Isolierte Kohlenhydrate wie Back- und Teigwaren oder Weißmehlprodukte durch komplexe Kohlenhydrate, z. B. Quinoa, Hirse, Buchweizen, Amaranth etc., ersetzen.
  • Die Zutatenliste in Fertigprodukten genau lesen.
  • Trockenfrüchte oder Energiekugeln (am besten selbstgemacht) anstelle von Back- und Teigwaren oder Süßigkeiten verzehren.
  • Im Anschluss an die Hauptmahlzeit ca. 20–30 min warten, bevor etwas Süßes verzehrt wird. Meist ist dann die Lust auf Süßes auch verschwunden.
  • Auf Fertigwürze verzichten, denn sehr herzhaftes Essen verstärkt die Lust auf Süßes. Stattdessen lieber mit frischen Kräutern oder herkömmlichen Gewürzen wie Kreuzkümmel, Lorbeerblättern oder Kurkuma würzen.

Wie in so vielen Fällen heißt es auch hier: „Probieren geht über Studieren“. Mit der Motivation, weniger Krankheitsaktivität zu haben und die eigene Gesundheit verbessern zu wollen, fällt eine Reduktion des Zuckerkonsums häufig nicht mehr so schwer.

Rezept: Haferflockenkekse mit Obst und Trockenfrüchten

Zutaten

  • 200 g Haferflocken
  • 2 reife Bananen
  • 150 g Apfelmus (Achtung: eines ohne Zucker auswählen, am besten aus 100 Prozent Äpfeln)
  • ½ TL Zimt
  • 30 g Rosinen (optional)

Zubereitung

Alle Zutaten in eine Schüssel geben, mit einer Gabel zerdrücken und miteinander verrühren. Kekse formen und auf ein Backblech geben. Ca. 15–20 Minuten bei 180 °C Ober- und Unterhitze backen.

Quelle

Julius-Maximilians-Universität Würzburg, 29.3.2022. Wie Zucker Entzündungen fördert, abrufbar im Internet unter www.uni-wuerzburg.de/aktuelles/einblick/single/news/wie-zucker-entzuendungen-foerdert-1.