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Initiative Selbsthilfe Multiple Sklerose Kranker e. V.

Leitlinie "Multiple Sklerose, Diagnostik und Therapie": Kommentar zur Modifikation 2014

Blickpunkt-Ausgabe 1/2015

Seit dem Jahr 1999 veröffentlichen MS-Experten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz regelmäßig Empfehlungen zur Behandlung der Multiplen Sklerose. Ziel ist, neue Diagnosekriterien, Therapieziele und Medikamente schnell in die Behandlungspraxis zu integrieren. Zunächst nannte man es „Konsensusempfehlungen“, seit 2008 gibt es MS-Leitlinien zu Diagnostik und Therapie. Die aktuelle Leitlinie stammt aus dem Jahr 2012, wurde 2014 ergänzt und ist bis zum 31.12.2015 in dieser Form gültig.

Leitlinienmethodik

Leitlinien sind als Handlungsempfehlungen für Ärzte gedacht und unterliegen bestimmten methodischen Qualitätsansprüchen. Sie sollten so aufgebaut sein, dass zuerst alle Fragestellungen, die sich in der Patientenversorgung ergeben, identifiziert werden, beispielsweise der Zeitpunkt des Therapiebeginns oder die Therapiedauer. Zu jeder Fragestellung soll die Datenlage (= wissenschaftliche Evidenz) besprochen werden, die dann in einem dritten Schritt zu einer Expertenempfehlung führt. Da manche Empfehlungen durch bessere Daten abgesichert sind als andere, sollte die Empfehlungsstärke differenziert werden, von A (starke Empfehlung) über B (Empfehlung) bis 0 (Empfehlung offen).

„Aktualisierung“ 2014

Nachdem in der Zwischenzeit einige neue MS-Medikamente zugelassen worden waren, erfolgte 2014 eine entsprechende Ergänzung der Leitlinie. Eine Aktualisierung, also eine komplette Überarbeitung, ist jedoch unterblieben. Tatsächlich wurde lediglich eine knappe Besprechung der neuen Substanzen der ursprünglichen Leitlinie vorangestellt, ohne Angabe von Studiendaten. Zusätzlich wurde eine neue Nomenklatur eingeführt: Therapie der milden/moderaten Verlaufsform statt Basistherapie und Therapie der (hoch-)aktiven Verlaufsform statt Eskalationstherapie. Diese Änderungen erfolgten deshalb, weil sie die behördlichen Zulassungsanforderungen widerspiegeln. Sie sind nicht durch wissenschaftliche Forschung untermauert.
Ist das eine Verbesserung?

Die 2014 ergänzte Leitlinie empfiehlt Neurologen, dass und wie sie verfügbare MS-Medikamente einsetzen können. Wie bisher unterlässt sie es, Handlungsempfehlungen an spezifischen Fragestellungen auszurichten, einen vollständigen Überblick der Datenlage zu geben und nach Empfehlungsstärken zu differenzieren. Es ist zu hoffen, dass die 2016 kommende Leitlinie endlich einem höheren Qualitätsanspruch gerecht werden wird.