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Initiative Selbsthilfe Multiple Sklerose Kranker e. V.

Kneipps Heilkräuter: Die Linde ist Heilpflanze des Jahres 2025

Alexandra Manger, Blickpunkt-Ausgabe 4/2024
Unzählige Legenden, Sagen und Volkslieder erzählen von und über die Linde. Und auch als Schicksalsbaum war sie in der Mythologie und Kulturgeschichte vieler Völker bestens bekannt. Jetzt wurde sie vom Verein NHV Theophrastus zur Heilpflanze des Jahres 2025 gekürt.

Deutscher Name: Linde (Sommerlinde/Winterlinde)
Wissenschaftlicher Name: Tilia spec. (Tilia platyphyllos Scop./Tilia cordata Mill.)
Familie: Malvaceae, Malvengewächse/Lindengewächse
Volksnamen: Bastbaum, Stein-, Wald-, Spätblühende- und Kleinblättrige Linde, Herzblättrige Linde, Herzblattlinde (Winterlinde) und Früh-, Gras- oder Großblättrige Linde (Sommerlinde)
Herkunft/Vorkommen: Europa, weltweit
Verwendete Pflanzenteile: Blüten, Blätter
Inhaltsstoffe: Flavonoide, Gerbstoffe, Schleimstoffe
Indikationen: schleimlösend, schweißtreibend, beruhigend, leicht blutdrucksenkend, hustenreizstillend, entzündungshemmend

Bevor ich diesen Artikel geschrieben habe, ist mein Blick zunächst auf mein Autorenprofil gefallen und ich habe der Jahreszahl wegen (ich schreibe seit 2008) erst einmal meinen allerersten Texte wieder hervorgeholt (ja, ich habe die Blickpunkt-Hefte alle noch!). Und was sehe ich!? Ich hatte damals, im BP 1/2008, über Kneipps Heilkräuter geschrieben. Ganz groß lachten sie mich hier an, inclusive einem Rezept vom Lindenblütentee. Darüber wollte ich doch jetzt schreiben….

Aber ob nun Jahrhunderte vergangen sind oder nur Jahrzehnte, oft ändert sich bei den Anwendungen der Heilkräuter tatsächlich gar nicht so viel. Also zurück zur Heilpflanze des Jahres 2025.

Geschichte und Verwendung

Die Linde, ein Methusalem unter den Bäumen, bildet heute immer noch in vielen Gemeinden den zentralen Punkt im Ort und wird schon sehr lange als heiliger Baum verehrt. So besagt der Volksmund: „Linden kommen dreihundert Jahre, stehen dreihundert Jahre und vergehen dreihundert Jahre.“ Tatsächlich können Linden über 1000 Jahre alt werden. Sie sind durch ihre herzförmigen Blätter leicht zu erkennen, auch ihre Wuchsform ist herzförmig, und im unteren Bereich gibt es breite ausladende Äste.

Unter dem Baum und um den Baum herum fanden jahrhundertelang traditionelle Feste statt. Auch wurde etwa darunter Gericht („Gerichtslinde“) gehalten, und die Linde galt in der Gemeinde als Symbol für Gerechtigkeit, Frieden und Gemeinschaft. Die Menschen glaubten, unter einer Linde würde die Wahrheit ans Licht kommen, weil der betörend süße Lindenduft alle versöhnen könne. Auch heute noch tragen etwa in Deutschland zahlreiche Orte oder Ortsteile Namen, die auf den Lindenbaum zurückzuführen sind.

Die Linde ist eine vielseitige Heilpflanze mit vielen positiven Eigenschaften. Insgesamt gibt es etwa 50 Arten, aber nur für Blüten und Blätter von Winterlinden (Tilia cordata) und Sommerlinden (Tilia platyphyllos) ist eine medizinische Wirkung bestätigt – die Aufbereitung und Anwendung Tilia-haltiger Drogen ist seit dem Mittelalter durch Aufzeichnungen belegt. Hildegard von Bingen beschrieb dazu bereits im 12. Jh. die Wirkung unterschiedlicher Teezubereitungen aus Lindenblüten und empfahl, sich für einen besseren Schlaf Lindenblätter auf das Gesicht zu legen. In der Volksheilkunde werden Zubereitungen aus Blüten (Tiliae flos), Blättern (Tiliae folium), aus getrockneter Rinde (Tiliae cortex) und in geringem Umfang auch aus Lindenholz (Tiliae lignum) beschrieben. Im Mittelpunkt stand die wärmebildende, schweiß- und harntreibende, krampfstillende, beruhigende schlaffördernde Wirkung von Blütentees sowie Aufgüsse von Lindenblättern. Pflanzenauszüge wurden für die Bereitung warmer Umschläge zur Beruhigung diverser Hauterkrankungen, bei Rheuma und der Gicht wirksam eingesetzt.

Sebastian Kneipp setzte bei der schweißtreibenden Wirkung eher auf Dämpfe als auf Tee, da seiner Meinung nach Schwitzkuren schwer kranke Menschen zu stark anstrengen würden.

Vielfältig nutzbar

Heutzutage stehen Erkältungskrankheiten mit oder ohne Fieber im Vordergrund, z. B. Katarrhe der Atemwege, bei denen Lindenblüten aufgrund der Schleimstoffe reizstillend bei Husten und auf den Hals wirken. Die Glykoside der Lindenblüten wirken zudem krampflösend, schmerzstillend und entzündungshemmend. Und sogar heute noch habe ich in meinem dänischen Kräuterbüchlein gelesen, dass „ein Whirlpool mit Lindenblüten für ein so gutes Wohlbefinden sorgt, dass man leicht einschlafen kann“. Bisher hatte ich immer nur mit dem Tee sehr gute Erfahrungen gemacht. Lindenblütenextrakt findet auch vielfältige Anwendung in Gemischen für Cremes, Gesichtswasser, Haarwaschmittel und Seifenverbindungen.

Der Wirkstoffgehalt in den Lindenblüten ist ein paar Tage, nachdem sich die Blüten geöffnet haben, am größten. Danach sollten die Blüten schnell und luftig getrocknet und in gut verschließbaren Gläsern aufbewahrt werden. Die älteren Blüten können danach immer noch für ein wohltuendes Bad verwendet werden. Wer selbst eine Linde anpflanzen möchte, aber einen kleineren Garten hat, für den wäre eventuell eine Zwerglinde eine gute Möglichkeit.

Man kann sowohl die Blüten als auch die Blätter der Linde essen. Blätter machen sich z. B. hervorragend in einem Salat, und die Blüten werden sehr gerne als Dekoration für Speisen und natürlich für den Lindenblütentee verwendet. Man kann aber auch die Früchte der Linde essen, die wertvolle Fettsäuren liefern. Kurz nach der Blüte sind sie noch weich, werden aber vor allem bei der Sommerlinde mit zunehmender Reife immer härter. Selbst dann können die Lindenfrüchte aber noch geschält und dann beispielsweise roh geknabbert oder als Salatbeilage verwendet werden.

Ein Lindenbaum ist zudem nicht nur für den medizinischen Gebrauch nützlich. Zum einen lieben Bienen Linden. Ich mochte auch schon immer sehr gerne den leckeren Lindenblütenhonig. Zum anderen eignet sich das weiche Holz sehr gut zum Schnitzen. Und auch die weiche Rindeninnenseite wurde früher gerne zum Herstellen von Kleidung, Seilen, Papier oder auch Körben genutzt.

Rezepte

Grundrezept für einen Lindenblütentee

1–2 TL Blüten, mehrmals täglich, am besten in der 2. Tageshälfte, in 1 Tasse Wasser aufbrühen und möglichst heiß trinken. Für den Tee wird der gesamte Blütenstand verwendet, gesammelt werden die Blüten im Juni/Juli.

Lindenblütensirup

Ein großes Schraubglas (ca. 3 l) bis zum Rand mit 4–5 Handvoll Lindenblüten füllen. 1 Orange und 2–3 Zitronen (unbehandelt) in grobe Stücke schneiden und dazugeben. Dann 1,2 l Wasser mit 1 kg Zucker (Rohrzucker oder Rübenzucker) mischen und erwärmen, bis der Zucker sich aufgelöst hat. Die Mischung nun über die Lindenblüten gießen, das Glas luftdicht verschließen und für 4 Tage in die Sonne stellen. Mehrmals täglich schütteln, damit sich alles gut vermischen kann.

Danach wird der Sirup durch ein feines Sieb abgeseiht. Bevor er in kleinere Glasflaschen abgefüllt wird, sollte man ihn noch einmal kurz aufkochen, damit er besser haltbar ist. Lindenblütensirup wird entweder mit Wasser oder Mineral angerichtet.

Lindenblütenbad nach Kneipp

Eine Handvoll Lindenblüten und -blätter in ½ l Wasser 15 min abgedeckt köcheln lassen. Anschließend durch ein Sieb gießen und ins Badewasser geben. Nicht länger als 20 min. baden, denn eine zu hohe Temperatur kann das Herz- Kreislaufsystem belasten (siehe oben). Hilfreich z. B. zum Einschlafen oder laut Kneipp bei Gicht.

Ansteigendes Fußbad

Beide Beine/Füße in eine Fußbadewanne, Eimer etc. und mit ca. 33° warmem Wasser beginnen, die Füße sollte gerade bedeckt sein. Dann aus einer Thermoskanne oder einem Wasserkocher mit sehr warmen/heißen Wasser immer etwas dazu gießen (natürlich vorsichtig neben die Füße). Nach insgesamt 10–15 min sollten 40 °C erreicht sein. Nun die Füße abtrocknen und noch etwa 20 min im Bett einmummeln.
Tipp: Bei drohenden Erkältungen empfiehlt sich, während einem ansteigenden Fußbad einen heißen Lindenblütentee zu trinken.

Was man beachten sollte

Lindenblütentee, besonders als Schwitzkur, ist nicht allen zu empfehlen. Auch in der Schwangerschaft sollte man vor der Anwendung Rücksprache mit dem behandelnden Arzt/der behandelnden Ärztin halten. Starkes Schwitzen kann belastend für Herz und Kreislauf sein.

Auch Personen mit Allergien gegen Pflanzen aus der Familie der Malvengewächse sollten vorsichtig sein. Und wie immer bei Heilpflanzentees, sie sollten nicht dauerhaft getrunken werden. Immer mal wieder eine Pause machen, damit sich der Körper nicht daran gewöhnt.

Bei fiebrigen Erkrankungen Bettruhe einhalten, und wenn es länger anhält, bzw. das Fieber steigt, eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen.

Wie immer herzliche Grüße und gutes Gelingen

Alexandra Manger