
Revolution im Rollstuhlbau: Der Rollstuhlsimulator (SIMO)
Martin Honcu, Blickpunkt-Ausgabe 02/2025
Auf meiner Suche nach Sportarten im Rollstuhlsport stieß ich auf eine bahnbrechende Innovation: den Rollstuhlsimulator SIMO. Dieses Hightech-Gerät könnte für viele von euch von großem Interesse sein, denn es ermöglicht erstmals eine individuelle Anpassung des Rollstuhls – bevor er überhaupt bestellt wird.
Bisher war der Rollstuhlversorgungsprozess oft eine Herausforderung. Nach der Messung durch das Sanitätshaus wurde der Rollstuhl bestellt – in der Hoffnung, dass er perfekt passt und sich nahtlos in den Alltag integriert. Doch die Realität sieht häufig anders aus: Ein paar Zentimeter zu lang, eine zu hohe Rückenlehne oder eine unpassende Achseneinstellung können erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Anpassungen sind dann oft mühsam, und die Krankenkassen genehmigen Änderungen nicht immer problemlos.
Testen statt blind bestellen
Während man Autos vor dem Kauf Probe fährt oder Kleidung anprobiert, wurde der Rollstuhl bislang meist ohne vorherige praktische Erfahrung bestellt. Genau hier setzt der SIMO an. Ich hatte die Gelegenheit, ihn als erster Patient im Sanitätshaus Klein in Darmstadt zu testen und war beeindruckt von seiner Präzision und Flexibilität.
Das Konzept: Zunächst wird das individuelle Sitzkissen auf den Simulator gelegt. Dann kann man sich bequem umsetzen, der Bildschirm lässt sich wegklappen – und ab jetzt übernimmt die Technik. Per Fernbedienung lassen sich Sitzhöhe, Rückenlehne und Radachsen verstellen, um die optimale Position zu finden. Doch der wahre Clou kommt erst: Man fährt den Simulator tatsächlich!
Eine virtuelle Testfahrt durch die Stadt
Der SIMO simuliert eine realistische Fahrt durch eine virtuelle Stadt. Man kann Kreuzungen ansteuern, abbiegen oder geradeaus weiterfahren – genau wie im echten Leben. Währenddessen lassen sich Anpassungen in Echtzeit vornehmen: Falls die Rückenlehne drückt oder die Sitzhöhe nicht optimal ist, genügt ein Knopfdruck. Ohne Aussteigen werden die Einstellungen angepasst, bis der perfekte Komfort erreicht ist.
Besonders hilfreich ist, dass alle ermittelten Werte auf dem Bildschirm abrufbar sind und direkt in den Bestellbogen übernommen werden können – unabhängig vom Rollstuhlhersteller. Zwei Kameras dokumentieren die Sitzhaltung, sodass man später selbst analysieren kann, wie sich verschiedene Einstellungen auswirken.
Effizienz und Zufriedenheit für Patient*innen und Sanitätshäuser
Nach meiner Sitzung im SIMO wurde mein eigener Rollstuhl entsprechend angepasst, u. a. die Rückenlehne abgesenkt. Das Ergebnis? Ich komme jetzt deutlich besser zurecht.
Leider übernimmt die Krankenkasse die Kosten für den SIMO noch nicht. Der Simulator benötigt etwa eine Stunde pro Sitzung, da man aktiv fährt und individuelle Einstellungen testet. Doch die gespeicherten Werte bleiben erhalten – bei einem erneuten Test stellt sich der SIMO automatisch auf die zuvor ermittelten Parameter ein, wodurch wertvolle Zeit eingespart wird.
Das Sanitätshaus Klein trägt derzeit die Mehrkosten für die Nutzung des Simulators, hofft jedoch, langfristig davon zu profitieren: Weniger Nachjustierungen nach der Auslieferung des Rollstuhls sparen Zeit und Personal. Und zufriedene Kunden? Sie kommen wieder.
Quellen
- Sanitätshaus Klein. Rollstuhlsimulator Simo, perfekt anpassen und ausprobieren!, abrufbar im Internet unter www.sani-klein.de/mobilitaet/rollstuhlsimulator-simo/.
- SIMO Europe GmbH, abrufbar im Internet unter www.simo-europe.de/. Hier findet man alle Standorte, wo ein solcher Rollstuhlsimulator vorhanden ist. Nur schade, dass a) die Städte nicht alphabetisch sortiert sind und es b) keine Postleitzahlen bzw. Umkreissuche gibt.