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Initiative Selbsthilfe Multiple Sklerose Kranker e. V.

Schwarzes Gold: Der Birkenpilz Schiefer Schillerporling (Chaga)

Alexandra Manger, Blickpunkt-Ausgabe 03/2021

Jahrtausende sammelten die Shaolin-Mönche Kenntnisse von Kräutern, Pilzen und Pflanzen. Darunter war auch der mittlerweile wiederentdeckte Chaga-Pilz. Als volkstümliches Heilmittel hat dieser Pilz eine lange Tradition, denn bereits im 12. Jahrhundert hofften die Menschen in Russland auf seine heilende Wirkung, insbesondere zur Behandlung schwerer Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts. Nun ist er auch bei mir mit den Worten „Du, der hilft bei MS“ angekommen. Und so bin ich wieder auf ein Superfood, eine Superheilpflanze gestoßen.

Kleiner Steckbrief

  • Wissenschaftlicher Name: Inonotus obliquus
  • Art: Schiefer Schillerporling
  • Reich: Fungi
  • Ordnung: Borstenscheiblingsartige (Hymenochaetales)
  • Familie: Borstenscheiblingsverwandte (Hymenotchaetaceae)
  • Gattung: Schillerporlinge (Inonotus)
  • Vorkommen: Europa, Nord- und Südamerika, Japan, Sibirien, Nordrussland, Iran
  • Wirkung: antioxidativ, entzündungshemmend, immunstimulierend

Inhaltsstoffe und Verwendung

In der russischen und skandinavischen Volksmedizin war der kälteliebende Chaga, Tschaga ausgesprochen, gut bekannt. Man findet den korkartigen Pilz an verschiedenen Bäumen, medizinisch verwendet wird aber nur der an Birken wachsende. So reichern sich die wirksamen Inhaltsstoffe der Birke, wie Betulin und Betulinsäure, im Pilz an. Andere wertvolle Stoffe sind etwa Melanin, Vitamin D3, Triterpene, die Mineralien Germanium, Zink und Bor, Inotodiol, Aminosäuren, Lanosterol, Superoxid-Dismutase (SOD) und Polysaccharide (Beta-Glucane).

Chaga-Pilze werden wegen ihres orangefarbenen Gewebes auch „schwarzes Gold“ genannt und sind bekannt für ihren ungewöhnlich hohen Antioxidantiengehalt. So haben sie einen sogenannten ORAC-Wert (= Oxygen Radical Absorbance Capacity, die Fähigkeit eines Lebensmittels, Sauerstoffradikale abzufangen) von 146.700 µmol TE (also ORAC-Einheiten pro 100 g) und gelten damit als Super-Antioxidantien. Zum Vergleich: 100 g Aroniabeeren liegen bei 16.000 µmol TE, 100 g rote Weintrauben bei 1.300 µmol TE oder 100 g gekochte Möhren bei 370 (während rohe Möhren bei einem Wert von 1.200 liegen).

Chaga soll besonders bei entzündlichen Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts helfen und wird bei Krebserkrankungen begleitend eingesetzt. Außerdem ist er entzündungshemmend, was ihn auch für Autoimmunerkrankungen wie die MS interessant macht. Er ist allgemein kräftigend, antiviral, abwehrstärkend und stoffwechselanregend. Äußerlich kann man ihn auch zur Reinigung und Desinfektion anwenden.

Chaga-Teezubereitung

Meist wird aus Chaga aber Tee gemacht. Dazu wird er in Stücke geteilt und getrocknet, drei bis vier Stücke davon gibt man dann in einen Topf und übergießt alles mit einem halben Liter Wasser. Anschließend wird das Ganze erhitzt und etwa 10 Minuten gekocht, dann seiht man alles ab und kann den Tee genießen, am besten dreimal täglich eine Stunde vor den Mahlzeiten. Der Aufguss ähnelt in Geschmack und Aussehen Kaffee bzw. Getreidekaffee oder Schwarztee. Den gebrauchten Chaga-Pilz kann man in einem Glas, bedeckt mit Wasser, im Kühlschrank aufbewahren. So kann er etwa 10- bis 15-mal zur Teezubereitung verwendet werden.
Alternativ kann man aber auch den Inhalt einer Kapsel mit Chaga-Pulver in eine Tasse geben und das Ganze mit kochendem Wasser aufgießen. Auch hier erhält man einen kaffeebraunen Tee mit angenehmem, aromatischem Geschmack, den man auch gerne mit anderen Tees oder Gewürzen wie Zimt und Ingwer kombinieren darf.

Vitalpilze in der Mykotherapie

Der Verkauf von Vitalpilzen, „Heilpilzen“ oder auch Medizinpilzen boomt seit einiger Zeit. Sie werden im Internet und auf Messen als wahres Wundermittel gegen fast alle Krankheiten angepriesen. Texte, Untersuchungen und Erfahrungsberichte sind einige zu finden, allerdings kommen die Wirkungen insbesondere des Chaga-Pilzes aus der traditionellen Medizin und sind hier (bis jetzt) noch nicht nach den dafür erforderlichen internationalen Standards wissenschaftlich belegt. Entsprechend sind Vitalpilze in Deutschland bisher nicht als Arzneimittel zugelassen und finden ihre Anwendung im Rahmen der Therapiefreiheit von Ärzt*innen und Heilpraktiker*innen.
In der Mykotherapie (der Therapie mit Pilzen) der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) werden aber auch andere Heil- bzw. Vitalpilze erfolgreich genutzt, und sie werden auch in Europa und den USA immer beliebter. Einige möchte ich hier auflisten:

Auricularia judae – chinesische Morchel, Judasohr, Mu Err
wird zur Blutverdünnung angewandt, verhindert Thrombosen, wird bei Arteriosklerose eingesetzt und wirkt entzündungshemmend.
Ophiocordyceps sinensis – Raupenpilz 
wird zur Leistungsoptimierung beim Sport eingesetzt, stärkt die Lungenfunktion und das Immunsystem, wird auch in der Anti-Aging-Therapie verwendet und soll bei Libidoverlust und als potenzsteigerndes Mittel helfen.
Coriolus versicolor – Schmetterlingstramete 
wirkt stärkend für das Immunsystem, ist entzündungshemmend, hilft auch gegen virale und bakterielle Infekte (etwa der Atemwege) und findet Anwendung bei Hepatitis
Hericium erinaceus – Igelstachelbart
stärkt Magen und Darm, wirkt antiallergen und entzündungshemmend.
Grifola frondosa – Maitake – Klapperschwamm
unterstützt bei Gewichtsreduktion, hilft bei Diabetes, wird zur Stärkung von Leber und Galle verwendet und verbessert die Verdauung.
Agaricus blasei murril – Mandelpilz – ABM Pilz, Sonnenpilz, Pilz Gottes
soll das Immunsystem stärken.
Pleurotus ostreatus – Austernpilz
wirkt probiotisch und regt die Darmschleimhaut an.
Polyporus umbellatus – Eichhase
stärkt Haut und Haar und hat eine entwässernde Wirkung, hilft also auch bei Ödemen.
Ganoderma lucidum – Glänzender Lackporlinghat
viele Einsatzgebiete. Er wird beim Anti-Aging eingesetzt, auch wirkt er blutdrucksenkend, stärkt die Gelenke und verbessert Kraft und Leistungsfähigkeit. Auf Nieren, Leber und Magen wirkt er positiv und findet auch Anwendung bei Angst- und Schlafstörungen, Nervosität und Depressionen.
Lentinula edodes – Shiitake
stärkt das Immunsystem, wirkt gegen bakterielle und virale Infekte und wird auch zur Senkung der Blutfette (Cholesterin) eingesetzt. Auch findet er in der Krebs- und Tumortherapie seine Anwendung.

Bei MS werden in der TCM der ABM, Coriolus, Hericium, Reishi und Tremella empfohlen. Allgemein bei Nervenerkrankungen gibt man Cordyceps, Hericium, Reishi, Shiitake und Tremella. Und auch wenn man damit nicht heilen können dürfte: Meiner Meinung nach lohnt sich eine unterstützende Ernährung.

Meine heimische Alternative: Agaricus bisporus – Kulturchampignon

Da es zu den weit gereisten Superfoods oft auch heimische Alternativen gibt, möchte ich hier auch meinen Favoriten vorstellen. Unser einfacher Champignon ist unter den Heilpilzen zu finden, denn auch er hat tatsächlich heilsame Wirkungen! Er enthält viele Vitamine, wenig Purine und sehr viel Kalium. Somit sind seine Inhaltsstoffe ideal für Gichtkranke, Diabetiker*innen und Bluthochdruckpatient*innen. Gerade auch für chronisch Kranke ist das so wichtig, da hier vielfach der Vitamin-D-Spiegel zu niedrig ist. Pilze enthalten Provitamin D, das im Körper zu Vitamin D umgewandelt wird. Das braucht der Körper, um Kalzium und Phosphor zu speichern, damit sich Knochen gesund entwickeln. Somit sind Champignons auch ein natürlicher Osteoporose-Schutz.

Nebenbei, im Verbrauch des Pilzes sind wir sogar Weltmeister, wir kommen auf etwa 3,2 kg pro Nase und Jahr. Allerdings sollten wir ihn frisch genießen, da nur die frischen Champignons den vollen Nährstoffgehalt garantieren.

Einige Vorteile unserer heimischen Pilze:

  • Sie sind gut für das Immunsystem: Durch ihre Ballaststoffe bringen sie unseren Magen-Darm-Trakt ins Gleichgewicht. Und im Darm sitzt ein Großteil der Abwehrzellen des Körpers. Wenn der Darm funktioniert, wird also auch das Immunsystem stabilisiert. Obendrauf gibt’s noch eine ordentliche Portion Zink.
  • Wir fühlen uns fitter: Durch das enthaltende Vitamin B3 sind wir nicht so schlapp und erschöpft.
  • Sie sind schnell zubereitet: Erfreut las ich, dass es reicht, die Pilze nur kurz unter fließendem Wasser zu säubern. Sie zu schälen oder die Lamellen zu entfernen, ist nicht zwingend nötig.
  • Sie bringen die Hormonproduktion in Schwung: Das liegt am Zink, das der Körper für viele wichtige Funktionen benötigt.
  • Sie sind gut für die Muskeln: Kalium wirkt nicht nur allgemeiner Muskelerschlaffung entgegen, sondern schützt uns auch vor Herzmuskelschäden. Champignons zählen zu den kaliumreichsten Lebensmitteln überhaupt.
  • Sie helfen beim Abnehmen: Denn sie bestehen bis zu 90 Prozent aus Wasser und enthalten kaum Fett.
  • Sie schützen uns vor UV-Strahlung: Das Enzym Tyrosinase schützt uns hier, das außerdem auch noch eine blutdrucksenkende Wirkung haben soll.
    - Sie regulieren den Säure-Basen-Haushalt.

Ich hoffe, ich habe Ihr Interesse geweckt und Ihnen Appetit gemacht, auch unsere heimische Alternative, den Champignon, öfter auf den Teller zu bringen.

Guten Appetit und viele Grüße

Alexandra Manger